schauwerk - Das Schaufenster der Hochschule
Das schauwerk im Breiten Weg 114a hat im Februar 2019 im Rahmen der Vernissage „Werkschau light“ seine Tore geöffnet. Es ist ein gemeinschaftlicher Versuch der Hochschule Magdeburg-Stendal und der Stadt Magdeburg, dem Leerstand in der Innenstadt entgegenzuwirken. Studierende des Instituts für Industrial Design haben gemeinsam mit dem Institutsleiter Prof. Dominik Schumacher in wenigen Wochen die leerstehende Ladenfläche zwischen Opernhaus und Katharinenturm in einen modernen, stilsicheren Ort für Design, Co-Working, Ausstellungen, Vernetzung und Veranstaltungen verwandelt. Im SCIENCE TALK mit Rieke Smit und Simeon Laux sprechen der Wirtschaftsdezernent der Stadt Magdeburg Rainer Nitsche, Institutsleiter Prof. Dominik Schumacher und Industriedesign-Student Julian Rußmeyer über die Entstehung dieser kreativen Stätte (Foto: Diana Doerks).
Simeon: Herr Schumacher, die erste Frage geht an sie: Wie ist es überhaupt zum schauwerk gekommen, wie verlief der Entstehungsprozess?
Prof. Dominik Schumacher: Es hat mich sehr gefreut, dass Herr Nitsche letzten Sommer unsere Werkschau im Forum Gestaltung eröffnet hat. Dabei haben wir uns kennengelernt und sind ins Gespräch gekommen. Unter anderem zur Stadt selbst, aber auch zur Kulturwirtschaft hier in Magdeburg. Ich bin dann in die Semesterferien gegangen, hab nochmal über das Thema nachgedacht, auch in Bezug auf andere Hochschulen, die schon dazu übergangen sind Leerstände in Städten zu nutzen und mit kulturellen Angeboten zu füllen. Im August habe ich dann Herrn Nitsche angeschrieben und ihn gefragt, wie das in Magdeburg aussieht, da mir Leerstand aufgefallen ist. Herr Nitsche hat mich sofort zu einer Sitzung eingeladen und wenige Wochen später war ich mit der Wobau Magdeburg dann schon in der Stadt unterwegs und wir haben uns Leerstände angesehen. Wir sind uns schnell einig geworden über dieses Objekt und so kam es, dass wir Mitte Dezember 2018 eingezogen sind.
Rieke: Sie haben die Wobau als Partner bereits angesprochen. Wer hat sonst noch mitgewirkt?
Prof. Dominik Schumacher: Die Stadt Magdeburg trägt alle Nebenkosten, die Wobau stellt uns die Räume zur Verfügung und die MDCC sorgt für die Internetanbindung. Dann gibt es noch kleinere Sponsoren, die uns helfen und dank derer wir zum Beispiel einen Kühlschrank haben.
Simeon: Julian, du bist Teil des studentischen Organisationsteams. Ihr habt hier innerhalb von acht Wochen eine komplett leerstehende Ladenfläche zu so ansehnlichen Räumlichkeiten umgebaut. Nimm uns doch mal ein bisschen mit hinter die Kulissen, wie habt ihr hier als studentisches Team zusammengewirkt?
Julian: Wir haben ein Team, das sich um die Organisation der Werkschau kümmert und aus diesem Team heraus hat sich eine kleine Gruppe gebildet, die sich dem Laden angenommen hat. Ab Dezember ging es nach und nach voran: Termine zum Streichen wurden vereinbart, große Pläne geschmiedet und geplant, was wir in diesem Raum verwirklichen wollen. Wir haben also einfach angefangen und alles nach und nach abgearbeitet. Wir hatten sehr viele Pläne, von denen einige aber auch wieder verworfen wurden. Die Bar haben wir zum Beispiel aus Paletten gemacht, die eigentlich Restbestände sind. Beide Gruppen sind dann am Ende ineinander übergegangen und haben sich darum gekümmert, dass zur Eröffnung Mitte Februar 2019 alles fertig ist.
Simeon: Gab es am Ende Termindruck oder habt ihr euren Zeitplan gut einhalten können?
Julian: Zusätzlich zu diesem Kurs haben wir natürlich auch noch andere Kurse an der Hochschule. Dazu kommen dann noch Abgaben, die Projekte und einige andere Dinge. Fast alle, die in der Planungsgruppe waren, haben hier in dem Raum dann auch etwas ausgestellt. Das war eine Zusatzbelastung für viele. Die Termine wurden oftmals nach hinten verschoben. Dass der zeitliche Druck dann kam, musste auch so sein, damit alles fertig wird. Es wurden am Ende einige Nachtschichten von ein paar Studierenden eingelegt, ohne die die Realisierung nicht möglich gewesen wäre.
Rieke: Herr Nitsche, welches Ziel verfolgt die Stadt mit der Kooperation rund ums schauwerk, warum hat die Stadt Magdeburg sich daran beteiligt?
Rainer Nitsche: Als Herr Schumacher vorhin die Entstehungsgeschichte geschildert hat, kam mir gleich in den Sinn: Da haben sich zwei gefunden. Zwei Persönlichkeiten durchaus, aber auch zwei Probleme und zwei Problemlagen und die haben wir miteinander verbunden. Die Stadt steht vor dem Problem, dass sie dafür sorgen muss, dass ihre Innenstadt nicht ausstirbt, dass sie nicht verkommt, dass sie nicht leblos wird. Genauso natürlich auch die Geschäftszentren der Stadt. Wir haben sehr lebhafte, aktive Geschäftszentren in Sudenburg, in der Neustadt und im Stadtfeld, um die wichtigsten zu nennen. Da haben wir ein Programm aufgelegt, das unter anderem den Bereich „inszenierte Innenstadt“ enthält, das heißt, wir wollen die Innenstadt in Szene setzen, wir wollen natürlich die Händler*innen unterstützen, dass sie onlinefähig werden und diesem Wettbewerb standhalten, dass sie Ideen aufnehmen und verschiedene Strategien fahren. Wir wollen die Innenstadt also in Szene setzen und natürlich auch noch baulich erweitern und verdichten. Ein Aspekt davon ist, dass wir Leerstände vermeiden müssen. Das ist tödlich für eine lebendige Innenstadt.
So kam das also wunderbar zusammen, dass auch die Otto-von-Guericke Universität schräg gegenüber mit dem in:takt einen Leerstand belebt und hier in diesem Raum das Projekt von Herrn Schumacher mit der Werkschau, aber eben auch das Projekt von Frau Falk-Bartz und Herrn Nauck mit der Thematik „Shopping 4.0“ Einzug hält. Das alles ging wunderbar beieinander und deswegen ging es auch relativ schnell und ich bin sehr dankbar, dass diese Projekte ins Laufen gekommen sind, dass wir sehr schnell auch die vertraglichen Grundlagen geschaffen haben und dass die Wobau mit im Boot ist. Dadurch partizipieren wir, damit Leben in diese beiden Plätze kommt, da der Nordabschnitt des Breiten Wegs es etwas nötiger hat als der südliche Abschnitt. Damit werden natürlich auch Projekte verwirklicht, an denen wir interessiert sind. Es wird geforscht wie Kultur, Innenstadt und Handel verbunden werden können. Das ist der Anspruch von dem Projekt von Herrn Weiner im in:takt. Und wie man Händler*innen unterstützt, mit welchen tollen Ideen ist ja zum Beispiel heute hier, bei „Shopping 4.0“ besprochen worden. Ich bin total begeistert von dem, was ich hier erlebe auf den verschiedenen Stationen und manches ist so unmittelbar praktisch anwendbar, dass wir uns da wirklich in einem kleinen Team mal unterhalten sollten, ob wir da nicht gleich zur Sache gehen.
Simeon: Vielen Dank für diesen Einblick, Herr Nitsche. Herr Schumacher, nochmal an Sie die Frage: Das schauwerk an sich soll ja als Co-Working-Space genutzt werden, in dem interdisziplinär zusammengearbeitet werden kann. Gibt es da konkrete Pläne für die nächsten Wochen oder Monate, wie kann das gestaltet werden?
Prof. Dominik Schumacher: Wie das konkret aussehen kann, wird sich noch ergeben. Ab März oder Ende März haben wir hier einen Praktikanten, der sich hauptsächlich um das schauwerk kümmern wird. Dann gibt es noch das Organisationsteam von Studierenden, die aktiv diesen Raum hier betreuen. Und bis Ende März gibt es auf jeden Fall eine Gruppe, die Lust hat den Raum bis zum Anfang des nächsten Semesters weiter zu bespielen und in und mit ihm zu arbeiten. Unsere Ausstellung im vorderen Bereich lassen wir drin, so dass Besucher*innen, aus der Fußgängerzone jederzeit in den Laden gehen können. Ich denke der Co-Working-Space wird sich relativ schnell von alleine ergeben, weil es einfach schöner ist mit Kommiliton*innen zusammen in einem Raum zu sitzen und zusammen zu arbeiten. Ansonsten gibt es auch schon sehr unterschiedliche Anfragen aus unterschiedlichen Bereichen für Sitzungen, Events und anderes. Für diese Anfragen zeigt sich die Studierendengruppe, die hier die Protagonist*innen sind, sehr offen und ich bin selbst sehr gespannt, wie der Stein hier ins Rollen kommt. Für mich ist das eine Art Freiraum, den wir, die Stadt und die Hochschule, den Studierenden zur Verfügung stellen und ich denke wir gucken einfach mal im nächsten halben Jahr, wie dieser Freiraum gefüllt werden kann. Im Semester bin ich natürlich auch sehr aktiv und treibe die Aktivitäten und die Planung im Bauhaus-Jahr voran. Dann kann hier nochmal ein Symposium zu designrelevanten Themen, die ich dann auch curricular verknüpfen möchte, stattfinden. Ich habe aber immer kommuniziert und würde mich auch sehr freuen, wenn die Studierenden sich diesen Freiraum hier erobern. Schön wären natürlich auch Kooperationen mit anderen Studiengängen der Hochschule, wie zum Beispiel den Journalist*innen. So können die in sich sehr geschlossenen Bachelorstudiengänge etwas aufgebrochen werden und Allianzen geschmiedet werden.
Simeon: Das Projekt soll ja vorerst bis August 2019 laufen. Wie wahrscheinlich ist denn eine Verlängerung über den August hinaus?
Prof. Dominik Schumacher: Das müssen wir Herr Nitsche fragen, aber ich glaube das hängt zum großen Teil davon ab, ob sich ein*e Mieter*in für das Geschäft finden wird. Ein weiterer wichtiger Punkt ist auch, wie sich das Projekt gestaltet. Da ist die Außenwahrnehmung wichtig, da es Begründungen für die Wobau geben muss, einen Sinn zu sehen, dieses Projekt weiter zu betreuen. Die Stadt muss auch immer gucken, ob sie das weiter begründen kann, was hier passiert. Deswegen sage ich den Studierenden auch immer, dass sie am Ball bleiben müssen. Es bringt nichts den Raum zu haben, wenn am Ende nichts passiert. Dann braucht man das Geld auch nicht zu investieren. Ich bin offen für eine Verlängerung, aber das muss sich erst ergeben. Wir sind schon sehr froh, dass wir das bis zum 31. August 2019 machen dürfen, denn wenn jemand kommt, der*die sagt er*sie möchte diesen Raum hier mieten, dann kann man schwer begründen, dass man es dieser Person nicht vermietet, denn man macht dieses Leerstandsmanagement genau aus so einem Grund, um Objekte attraktiv zu machen, um sie dann später wieder vermieten zu können. Sollte dieser Fall eintreten, bekommt man dann vielleicht auch einen Umzug in eine andere Lage hin, aber das muss man dann gucken.
Rieke und Simeon: Vielen Dank für die Einblicke.
15. Februar 2019
SCIENCE TALK im Rahmen der „Think CROSS – Change MEDIA”-Konferenz im Schauwerk, Magdeburg